Erst vor zwölf Jahren wurde mit der Erschließung des Orts begonnen, wenig später legten die privaten Häuslebauer los. Jedes Haus, jeder Bordstein, jede Straßenlaterne ist neu, manche nagelneu. Und doch ist der Zusatz "-neu" seit dem Wochenende (23. März 2024) von den Manheimer Ortsschildern verschwunden. Die Streichung will sagen: Es gibt nur noch ein Manheim und kein Manheim-neu hier und ein Manheim-alt dort. "Der Ort ist wieder in der Kolpingstadt Kerpen angekommen", sagte der Bürgermeister am Nachmittag im Vereins- und Bürgerzentrum, wo die Manheimer den offiziellen Abschluss ihrer Umsiedlung festlich und fröhlich zugleich begingen.
Gastgeber war RWE Power. „Alles, was wir in der Hand hatten, ist gut gelaufen“, sagte Nina Klepgen nach dem erfolgreichen Fest, das sie mit ihren Kollegen Thomas Kolbe und Elisabeth Mayers-Beecks sowie einigen Leuten aus dem Ort vorbereitet hatte. Klepgen spielte damit auf das Wetter an: Die heftigen Regenschauer verdarben den Kindern zeitweise den Spaß draußen in der Hüpfburg. Schwerpunkt der Feier war jedoch das Vereins- und Bürgerzentrum selbst.
Power-Vorstand Lars Kulik gratulierte dort der Bürgerschaft: „Manheim ist schön und vielfältig geworden. Auch wenn die Bäume noch niedrig sind, auch wenn den Häusern und Straßen noch die Patina fehlt: Schon vom äußeren Anschein lässt Manheim erkennen, dass Sie ein Dorf haben entstehen lassen und keine beliebige Neubausiedlung, wo die Menschen erst zusammenfinden müssen.“
Die Klima- und Kohlepolitik habe den Hintergrund, vor dem die Umsiedlung von Manheim stattgefunden hat, verändert. Der RWE Power-Vorstand: „Das ändert jedoch kein bisschen an dem Respekt, den wir Ihnen schulden.“ Man sehe es Manheim schon am Ortsbild an, dass es sich dort gut leben lässt. Die Bürgerinnen und Bürger hätten die „unbestritten schwierige Phase“ der Umsiedlung gemeistert.
Kerpens Bürgermeister Dieter Spürck pflichtete bei. Der Erste Bürger der Kolpingstadt dankte den an der Umsiedlung beteiligten RWE-Mitarbeitenden: „Die Zusammenarbeit war jederzeit professionell und angenehm.“ Gleichwohl müssen die Verhandlungen zwischen dem Unternehmen und der Stadt zeitweise hitzig gewesen sein. „Im Raum 106 unseres Rathauses, wo oft hartnäckig miteinander verhandelt wurde, musste die Heizung nicht angestellt werden“, so Spürck vor den rund 400 Menschen im Saal.
Lonie Lambertz, Ortsvorsteherin von Manheim: „Unsere Umsiedlung ist so erfolgreich gelaufen, weil viele Beteiligte aus Stadtverwaltung, Behörden und Vereinen sich dafür eingesetzt haben. Die Vereine sind stärker denn je. Sie sind das Herzstück des Zusammenlebens hier im Ort.“ Es gebe sogar ein „erfreuliches Wachstum bei den Vereinen und Gruppen, und zwar sowohl quantitativ wie qualitativ“.
„Besonders der Manheimer Bürgerbeirat hat dafür gesorgt, dass sich damals viele an der Suche nach dem neuen Standort und an seiner Gestaltung beteiligen konnten“, so die Ortsvorsteherin, die die Umsiedlung von Anfang bis Ende mitbegleitet und mitgemacht hat. Das ehrenamtliche Gremium habe sich nachhaltig für die Umsiedler und die Dorfgemeinschaft eingesetzt, und zwar stets so lange, bis zufriedenstellende Lösungen gefunden wurden und Interessen ausgeglichen werden konnten. Der Vorsitzende des Bürgerbeirats, Lambertz' Schwager Wilhelm, entschuldigte sich gar bei RWE-Liegenschafter Erik Schöddert und seinem Team in aller Öffentlichkeit für seinen gelegentlich rauhen Ton.
Einen ganz anderen Blick in die Vergangenheit warf der Regionalhistoriker Peter Staatz: Er las aus Zeitzeugenberichten, die er zu Beginn der Umsiedlung unter älteren Bürgerinnen und Bürgern eingesammelt hatte. Es waren Anekdoten vom Schwarzbrennen und von der Versteigerung der Maifrauen, von der Befreiung durch die Amerikaner und von Bombensplittern im Schnittholz. Bürgermeister Dieter Spürck hatte die Dörfler zuvor gemahnt: „Halten Sie die Erinnerung das alte Manheim lebendig.“ RWE Power hilft dabei: Sie finanziert eine Chronik, an der Peter Staatz zurzeit arbeitet und die zum Sommer vorgelegt werden soll.
Das neue Manheim liegt ungefähr sechs Kilometer Luftlinie von der früheren Ortslage entfernt westlich von Kerpen. Die Umsiedlung begann 2012, war jedoch schon seit 2006 vorbereitet worden. Betroffen waren damals gut 1.600 Bürger, von denen heute über die Hälfte am neuen Standort wohnt. Die meisten anderen sind im Stadtgebiet von Kerpen oder im nördlichen Kreisgebiet geblieben.