Noch werden die Werkstätten, Lagerbereiche, Sozialgebäude, Büroflächen und auch der Kohle- und Lössbunker für den Betrieb des Tagebaus Hambach benötigt. Doch schon in wenigen Jahren, nach dem Kohleausstieg 2030, wird sich das Bild ändern. Der Tagebau wird rekultiviert, die Grube über die Rheinwassertransportleitung mit Wasser gefüllt. Was wird dann aus dem Betriebsgelände am Tagebaurand?
Seit zwei Jahren entwickeln die Projektentwicklungsexperten der RWE Power deshalb gemeinsam mit dem Land Nordrhein-Westfalen (in der 2022 gründeten Perspektive.Struktur.Wandel GmbH, kurz PSW), der Gemeinde Niederzier und Neuland Hambach einen Plan für ein innovatives Gewerbegebiet, das auf dem Gelände entstehen soll. Das klare Ziel: möglichst viele Arbeitsplätze im Rheinischen Revier zu schaffen, um den Strukturwandel zu unterstützen. Am Freitag, 26. April stellten Ina Scharrenbach, Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung des Landes Nordrhein-Westfalen, RWE Power-Vorstand Lars Kulik und der Niederzierer Bürgermeister Frank Rombey der Öffentlichkeit nun ein Strukturkonzept für die mögliche künftige Nutzung der Tagesanlagen sowie des Kohle- und Lössbunkers vor - insgesamt 120 Hektar Fläche, die größtenteils bereits versiegelt und erschlossen sind. Ministerin Scharrenbach machte das Potenzial deutlich: „Jeder der 120 Hektar, die hier gestaltet werden, steht für einen Hektar Zukunft.“ (Zur Pressemitteilung des Ministeriums)
Energiewende und Strukturwandel als positive Herausforderung
Das Pressegespräch fand im Versammlungsraum der Tagebau-Belegschaft im Magazin statt. Ein passender Rahmen, schließlich werden hier, darauf wies RWE-Vorstand Lars Kulik hin, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter über das operative Geschäft, aber auch die Folgen des Kohleausstiegs informiert. „Wir nehmen die Energiewende und den Strukturwandel als positive Herausforderung an“, sagte Kulik und erinnerte an den Ausbau der erneuerbaren Energien im Rheinischen Revier, an die Planungen für ein wasserstofffähiges Gaskraftwerk in Weisweiler und an die Entwicklung der Flächen der RWE Power gemeinsam mit dem Land Nordrhein-Westfalen und den Kommunen. „Die Tagesanlagen Hambach, die wir noch intensiv nutzen, sind dafür ein gutes Beispiel. Hier wollen wir Gewerbe und Industrie ansiedeln, damit neue, hochwertige Arbeitsplätze in einem attraktiven Lebens- und Arbeitsumfeld entstehen können. Das ist wichtig für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, unsere Partnerfirmen und die Menschen in der Region.“
Der Niederzierer Bürgermeister Rombey sieht in der anstehenden Neugestaltung der Tagesanlagen Hambach „eine Brücke in die Zukunft“ der Gemeinde, die zugleich einen attraktiven Zugang zum künftigen Hambach-See schaffe. „Durch die Zusammenführung von gewerblicher Entwicklung und lebenswertem Raum setzen wir neue Maßstäbe für die Gestaltung unseres Gemeinwesens.“
„Etwas Besonderes, kein 08/15“
Wie die Gestaltung der Flächen einmal aussehen könnte, stellten Erik Schöddert und Henk Brockmeyer, Geschäftsführer der PSW näher vor. „Hier wird etwas Besonderes entstehen, alles andere als 08/15“, sagte Schöddert zugleich Leiter Immobilien, Bau und Projektentwicklung der RWE Power. 170 Fußballfelder groß ist das Areal. Das Strukturkonzept sieht vor, den Verkehr an das bestehende Straßen- und Schienennetz anzubinden und bestehendes Grün zu erhalten. Weitere Grünachsen sollen das Gebiet Richtung Tagebausee durchkreuzen. Auf Flächen an der Tagebaurandstraße könnten sich bereits Ende der 20er Jahre erste Unternehmen ansiedeln. Zwar stehen Industrie- und Gewerbenutzung im Vordergrund, aber auch Freizeit- und Wohnmöglichkeiten sind angedacht – ein urbanes Flair soll entstehen.
Das machten die Planskizzen deutlich, die Henk Brockmeyer, Vertreter des Landes in der Geschäftsführung der PSW GmbH und Geschäftsführer der NRW.Urban, vorstellte. So könnte es etwa eine Baar mit Dachterrasse und Seeblick geben. Kurzum: „Alle Formen städtischen Lebens“, so Brockmeyer, sollen integriert werden, auch temporäres Wohnen und ein Azubi-Campus.
„Wir machen gerne weiter“
Für das PSW-Team um Power-Projektentwicklerin Jasmin Matros geht die Arbeit jetzt weiter. Für den Standort Hambach müssen nun Fachgutachten unter anderem zu den Themen Verkehr, Entwässerung und Artenschutz erstellt werden. Auch für die Flächen an den Kraftwerken Niederaußem und Neurath wird an Konzepten gearbeitet. „Die Flächen, die wir nicht mehr brauchen, wollen wir gerne entwickeln, um hier neue Arbeitsplätze ansiedeln zu können“, machte Lars Kulik deutlich und sagte in Richtung der Ministerin und Bürgermeister Rombey, „und ich versichere Ihnen. Wir machen gerne weiter mit.“