RWE-Chef Markus Krebber mahnt bei den Plänen der Bundesregierung für neue Gaskraftwerke zur Eile. "Wir brauchen in diesem Jahr Klarheit, wie der Ausbau der Gaskraft geregelt werden soll", sagte der Manager in einem am Dienstag veröffentlichten Interview der Nachrichtenagentur Reuters. Der Ausstieg aus Kohle und Kernenergie stehe fest. "Für den Neubau von Anlagen für Versorgungssicherheit haben wir Vorlaufzeiten von sechs Jahren oder mehr." Die neuen Anlagen sollen den Übergang zu einer klimaneutralen Stromerzeugung absichern und auch auf den Betrieb von Wasserstoff umgerüstet werden können.
Es müsse klar sein, wie solche Kraftwerke vergütet würden, sagte Krebber. "Wichtig ist, dass man erstmal anfängt. Es gibt keine Studie, die von weniger als zehn Gigawatt neuen Gasanlagen ausgeht, und die werden wir bis 2030 kaum gebaut haben." Andere Experten sehen die Notwendigkeit für einen Zubau bis 2030 von mehr als 40 Gigawatt an Gasanlagen - rechnerisch eine Leistung von 40 Atomkraftwerken. Zudem müsse es einen Fahrplan für die Umstellung auf Wasserstoff geben, forderte Krebber. Das Thema Wasserstoff werde für RWE eine zentrale Rolle spielen. "Und deswegen gehen wir das mit Nachdruck an."
Krebber hatte im vergangenen Jahr die Führung des größten deutschen Stromerzeugers übernommen. Er treibt mit Projekten weltweit den Ausbau des Geschäfts mit Erneuerbarer Energie voran. "Wir gehen davon aus, dass wir unser Ziel erreichen, in diesem Jahr 13 Gigawatt Erneuerbare zu haben." Gemeinsam mit BASF will RWE einen großen Windpark in der Nordsee errichten, der den Chemiestandort Ludwigshafen mit Ökostrom versorgen soll. "Wir warten darauf, dass entsprechende Flächen ausgeschrieben werden, um die wir uns dann bewerben." Es solle an einem ganz konkreten Beispiel gezeigt werden, wie man in einem Industrieunternehmen erheblich CO2 mindern könne.
KONZERNUMBAU NUR IM EINVERNEHMEN MIT DER POLITIK
RWE macht sich auch für den seit einigen Jahren geplanten Bau eines Terminals zur Entladung von Tankern mit verflüssigtem Erdgas (LNG) im schleswig-holsteinischen Brunsbüttel stark. Die Planungen seien weit fortgeschritten. "Wir brauchen aber ein klares Signal von der Politik, die sagt, wir brauchen dieses Terminal." Bei solchen Investitionen könne man sich nicht auf ein Abenteuer einlassen, wo der Ausgang offen sei. "Das ist eine Infrastruktur, die uns in der Übergangszeit etwas weniger abhängig macht. Zu einem späteren Zeitpunkt kann sie zum Import von grünen Energieträgern genutzt werden." Mit dem Import von verflüssigtem Erdgas könnte Deutschland seine Abhängigkeit von russischen Gaslieferungen verringern.
Krebber äußerte sich auch zu Forderungen des Investors Enkraft. Dieser hat sich für eine Abspaltung des Kohlegeschäfts ausgesprochen, um die Bewertung von RWE zu heben. "Wir sind auf der gleichen Seite, wir haben das gleiche Ziel." Die Bewertungslücke zu Konzernen mit ausschließlich erneuerbarer Energie solle geschlossen werden. "Der Vorschlag des Investors ist, dass mit der Brechstange zu machen." Das Thema lasse sich nur in der politischen Diskussion lösen. "Für uns spielen auch Themen wie Arbeitsplätze, Versorgungssicherheit und auch die Rekultivierungsverpflichtung eine Rolle." Dies könne man nicht alleine lösen, betonte Krebber und fügte hinzu: "Es gibt in der Kohleausstiegsvereinbarung mit der Bundesregierung eine ganz klare Festlegung, dass, wenn wir Unternehmensumstrukturierungen vornehmen wollen, das nur im Einvernehmen mit der Politik geht."
Text von Tom Käckenhoff, Christoph Steitz und Vera Eckert, © Thomson Reuters Germany GmbH. Alle Rechte vorbehalten.