Rekultivierung

Arten der Rekultivierung

Forstliche Rekultivierung

Holz ist für viele Zwecke ein guter Bau- und Werkstoff und dazu ein nachwachsender Rohstoff – also in jeder Hinsicht ein Produkt mit interessanten wirtschaftlichen Perspektiven, dem die Forstleute von RWE Power schon bei der Aufforstung optimale Startvoraussetzungen schaffen müssen. Doch sie arbeiten nicht unter rein ökonomischen Aspekten.

Vielmehr wollen sie standortgerechte und damit ökologisch stabile Waldgemeinschaften begründen. Weil weniger oft mehr ist, wenn es um Planung und Pflege solcher neuen Wälder geht, folgen sie wie ihre staatlichen Kollegen dem Prinzip der naturnahen Waldwirtschaft.

Das heutige Pflanzenprogramm bei der forstlichen Rekultivierung umfasst zahlreiche Baum- und Straucharten. Laubbäume haben Vorrang vor Nadelgehölzen, weil sie seit alters her in der natürlichen Vegetation der Niederrheinischen Bucht vorherrschen. Doch Koniferen (Nadelhölzer) fehlen nicht. Stellenweise lockern sie das Landschaftsbild auf und bieten dem bald einwandernden Wild im Winter Deckung.

Die RWE-Förster und -Waldarbeiter pflanzen jährlich mehrere hunderttausend Gehölze auf die Kippenflächen: überwiegend Stieleiche und Rotbuche, aber auch Winterlinde und Wildobstbäume. Sie beziehen die Jungpflanzen aus Baumschulen. Gleichzeitig ernten sie Baumsamen in den Altbeständen des Tagebauvorfelds, um das genetische Potenzial der heimischen Altwälder zu erhalten. In den jungen Beständen bleiben ausreichende Lücken für natürlich einwandernde Baumarten wie die Birke.

Für die Tagebaue Garzweiler, Hambach und Inden ist unter dem Strich ein Plus von 1.900 Hektar Wald festgelegt worden. Das heißt, dass die heute laufenden Tagebaue in der Mitte des 21. Jahrhunderts 19 Quadratkilometer mehr Wald hinterlassen als vorher da war.

Schon jetzt ist die Flächenbilanz der Forstwirtschaft im Revier ausgeglichen: Gut 7.300 Hektar Wald mussten bisher den Tagebauen weichen, mehr als 7.300 Hektar wurden neu gepflanzt.

Landwirtschaftliche Rekultivierung

Löss allein ist noch kein voll kulturfähiger Boden. Dazu fehlt der Humus, ein für das Pflanzenwachstum wertvoller Speicher von Nährstoffen und Kleinstlebewesen. Zudem müssen die Bodenfunktionen erst wieder in Kraft gesetzt werden. Dazu werden die neuen Äcker zunächst von RWE Power bewirtschaftet. Landwirte des Unternehmens bauen in den ersten Jahren Pionierpflanzen wie die Luzerne an, die den Boden tiefgründig durchwurzeln und ihn mit Stickstoff anreichern. Dabei geht es nicht darum, gute Ernten einzufahren, sondern den Boden biologisch zu aktivieren. Später werden Getreide und andere Feldfrüchte angebaut, Pflanzen, die auf bodenschonende Weise bestellt und geerntet werden können. Die Fachleute von RWE Power verwenden Schlepper und Landmaschinen mit breiten Reifen sowie spezielle Pflugverfahren, damit der empfindliche junge Boden nicht zu stark verdichtet. Nicht zuletzt spielt der Bodenschutz in der Wiedernutzbarmachung eine zunehmende Rolle.

In der landwirtschaftlichen Rekultivierung geht es auch um ökologische Fragen. Naherholung und Naturschutz haben an Bedeutung gewonnen. Ackerrandstreifen, Hecken, Wäldchen und andere Sonderflächen sollen die neue Landschaft auflockern und anreichern. Wildkräuter können auf sich selbst überlassenen Teilflächen sprießen und Kleintieren der freien Feldflur Nahrung und Deckung bieten.

So kehrt die Natur noch während der Rekultivierung in den neuen Lebensraum zurück.

Nach einer mindestens siebenjährigen Vorbereitung gehen die neuen Ackerflächen in die Hände von Bauern über, die an anderer Stelle Land für den Bergbau bereitgestellt haben. Oft bewirtschaften sie die Flächen von neuen Weilern in der rekultivierten Feldflur aus.

Trotz günstiger Bedingungen müssen die Landwirte vor allem in den ersten Jahren der Bewirtschaftung für den weiteren Humusaufbau mehr düngen. Dafür erhalten sie während der Zwischenbewirtschaftung einen finanziellen Ausgleich.

Zur langfristigen Absicherung der betroffenen Landwirte haftet RWE Power nach der Veräußerung der rekultivierten Flächen zehn Jahre lang und damit über die gesetzliche Mindestdauer hinaus für Mängel wie Mulden, Vernässungen, Verdichtungen oder Steine. Weitere acht Jahre ist RWE Power für die Beseitigung von später noch auftretenden Mulden verantwortlich. Rechnet man die siebenjährige Zwischenbewirtschaftung hinzu, gewährleistet das Unternehmen insgesamt 25 Jahre die gute Qualität der Böden.

Ökologie

Die Anlage von Wasserflächen ist eines der Gebote bei der Rekultivierung. Mehr als 800 Hektar Seen, Weiher und Feuchtbiotope sind mittlerweile in allen Teilen des Reviers entstanden. Sie steigern nicht nur den Erholungswert der neuen Landschaft für den Menschen, sondern bieten auch der Tierwelt eine Heimat. Die Vogelwelt ist an vielen Stellen artenreicher als vor dem Eingriff des Bergbaus. Artenschutz ist Programm: Mit Sachkunde und viel Liebe zum Detail widmen sich die RWE-Fachleute über ihre forstlichen Aufgaben hinaus der ökologischen Kleinarbeit: Nistkästen für Höhlenbrüter und Fledermäuse aufhängen, Sitzstangen für Greifvögel in den jungen Waldbeständen aufstellen, Kröten und Froschlaich aus dem Tagebauvorfeld in neue Biotope verfrachten. Selbst ganze Ameisenvölker werden in die Rekultivierung umgesiedelt. Die wesentliche Arbeit leistet die Natur allerdings selbst. Tier- und Pflanzenwelt bilden schon von Anfang an eine Lebensgemeinschaft und entwickeln sich langsam, aber stetig und natürlich weiter. Dabei verändern sich im Lauf der Zeit die Standortfaktoren und damit die Artenzusammensetzung.

So beobachten Vogelkundler auf vielen jungen und damit lichten Rekultivierungsflächen den Steinschmätzer, einen Bodenbrüter, der auf der Roten Liste der bedrohten Arten steht. Diese Tierart wird mit zunehmendem Wachstum des Waldes verdrängt. Dagegen sind in älteren Waldbeständen zum Beispiel Kleinspecht und Grauspecht zu Hause, die ebenfalls als bestandsgefährdet gelten. Ähnliche Sukzessionen laufen in der Pflanzenwelt ab. Beide Entwicklungen haben eines gemeinsam: Es sind natürliche Vorgänge.

Entscheidend ist, dass die Rekultivierung die Grundlagen für einen gesunden, ökologisch nachhaltig stabilen Verlauf solcher Sukzessionen legt. Dass sie dazu in der Lage ist, zeigen die vielen älteren Rekultivierungsbereiche im Revier. Dort erkennt heute nur noch der Eingeweihte, dass sie von Menschenhand geschaffen sind. Mehrere Teilflächen von zusammen über 300 Hektar stehen bereits unter Naturschutz – obwohl sie einst künstlich angelegt wurden. Insgesamt sind in der Rekultivierung im Rheinischen Braunkohlenrevier mittlerweile rund 3.000 Tier- und über 1.000 Pflanzenarten heimisch geworden, von denen einige zuvor sogar als ausgestorben galten. In der Schmetterlingsforschung gibt es beispielsweise auch bemerkenswerte Vorkommnisse. Unter den in den letzten Jahren nachgewiesenen Faltern sind sieben Arten, die auf der Roten Liste geführt werden und im Naturraum ausgestorben oder stark gefährdet sind.

Nicht zuletzt beweist der große Zuspruch der Menschen aus dem Revier, wie sehr sie die neue Landschaft schätzen: Viele Rekultivierungsbereiche sind Ausflugsziele.