Genauso wie der im Tagebau anfallende Abraum – das Deckgebirge – muss auch das geförderte Grundwasser sofort weitergeleitet werden. Die Mengen sind viel zu groß, als dass Abraum und Wasser gesammelt und bei Bedarf wieder in den Boden eingelassen werden könnten. Ist das Wasser erst einmal aus der Tiefe heraufgepumpt worden, muss es sofort zu einer seiner verschiedenen Bestimmungen weitergeleitet werden.
Brauchwasserversorgung – Kraftwerke
Rund 190 Millionen Kubikmeter Grundwasser werden als so genanntes Brauchwasser in den Braunkohlenkraftwerken verwendet. Als Wärmekraftwerke benötigen sie Kühl- und Speisewasser, das im Rheinischen Revier aus der Sümpfung der Tagebaue stammt. Es wird in aufwändigen Verfahren gereinigt und demineralisiert und kommt dann in den unterschiedlichen Kreisläufen des Kraftwerkes zum Einsatz.
Brauchwasserversorgung – Tagebaue
Die drei Tagebaue Garzweiler, Hambach und Inden setzen Wasser vor allem zur Staubbekämpfung ein. Bei ungünstigem Wetter kann Staub aus dem Tagebau wehen und die Nachbarn belästigen. Um das zu verhindern, werden Betriebseinrichtungen und freiliegende Flächen beregnet. Wo Kohle und Abraum in Bewegung sind, versprühen mobile oder stationäre Regner einen feinen Wassernebel und halten das Material feucht. So können beispielsweise am Schaufelrad eines großen Baggers bis zu 1.000 Liter Wasser pro Minute versprüht werden – die Staubbildung wird also bereits an der Quelle wirksam bekämpft. Sümpfungswasser wird in den Tagebauen auch als Löschwasser bereitgestellt.
Ökologische Maßnahmen
Rund 70 Millionen Kubikmeter Sümpfungswasser werden in zwei RWE Power gehörenden Wasserwerken ähnlich wie Trinkwasser aufbereitet und dann als so genanntes Ökowasser eingesetzt. Dieses Wasser begrenzt in bestimmten Gebieten die Folgen der Grundwasserabsenkungfür den natürlichen Wasserhaushalt. Betroffen sind vor allem die Feuchtgebiete im Raum von Mönchengladbach bis kurz hinter der Niederländischen Grenze bei Roermond. In den Talauen von Bächen und Flüssen, wie Schwalm und Niers, steht das Grundwasser dicht unter der Oberfläche. Dort würde es durch den Wasserentzug des Tagebaus zu Veränderungen in der Vegetation kommen. Denn dort haben die Pflanzen seit jeher Wurzelkontakt zum Grundwasser. Solche Feuchtbiotope machen etwa ein Prozent des Gebietes aus, das von der Grundwasserabsenkung betroffen ist. Die Vielfalt dieser Biotope reicht von Feuchtwiesen über Bruchwälder, Hang- und Niederungsmoore bis zu den Verlandungsgürteln stehender Gewässer.
Sie sind Lebensraum für eine Fülle selten gewordener und damit schützenswerter Tier- und Pflanzengesellschaften. RWE Power sorgt deshalb dafür, dass der Wasserstand in diesen Feuchtgebieten stabil bleibt.
Dazu wird am Rand der betroffenen Gebiete großflächig Wasser versickert, um den Wasserspiegel zu halten. Durch Sickerschlitze dringt das Wasser in den Boden ein. Ein Sickerschlitz ist üblicherweise 40 Meter lang, einen Meter breit und bis zu sechs Meter tief. Damit durchstößt er die wasserstauende Lössschicht und erreicht den durchlässigen Untergrund. Dort kann das Sickerwasser frei zu den Feuchtgebieten fließen, sich unterwegs mit versickertem Regenwasser vermischen und den Wasserspiegel stabilisieren. Ist die wasserundurchlässige obere Erdschicht zu mächtig, setzt man Sickerbrunnen ein.
An manchen Stellen wird Wasser auch direkt in Flüsse und Bäche eingeleitet. In anderen Feuchtgebieten, zum Beispiel an der Rur, wird der Wasserstand mit örtlichen Nebengerinnen zum Hauptflusslauf und Überleitungen in Teichgebiete aufrecht erhalten. Dank dieser Richtung weisenden ökologischen Maßnahmen sind die Wasserstände in den Feuchtgebieten stabil, Flora und Fauna sind in Bestand und Qualität gesichert.
Ersatzwasser
Die Grundwasserabsenkung wird nicht nur im Tagebau selbst spürbar, sondern auch im weiten Umkreis. Das kann andere Grundwassernutzer beeinträchtigen. RWE Power ist dann verpflichtet, Störungen der Wasserversorgung zu beheben oder auszugleichen. Dazu vertieft das Unternehmen zum Beispiel die trockenfallenden Brunnen der betroffenen Wasserwerke oder Industriebetriebe. Eine weitere Möglichkeit der Ersatzlieferung ist der Anschluss an das örtliche Versorgungsnetz. In anderen Fällen liefert RWE Power ersatzweise Sümpfungswasser, das zuvor von Eisen und Kohlensäure befreit wurde. Wegen der Tiefenentnahme kann das Trinkwasser zwar örtlich härter, also kalkreicher in als früher. Andererseits enthält das Wasser der tiefen Brunnen wenig Nitrat, weil es durch Tonpakete und Kohleschichten gegen das oberflächennahe, belastete Wasser abgeschirmt war. Die Wasserversorgung von Bevölkerung und Industriebetrieben ist auf jeden Fall langfristig auf hohem qualitativen Niveau sichergestellt.
Trinkwasserversorgung
Etwa 40 der jährlich 580 Millionen Kubikmeter gesümpften Grundwassers werden in vier Wasserwerken von RWE Power zu Trinkwasser aufbereitet. Grundwasser hat in der Regel keine Trinkwasserqualität. Daher werden Stoffe wie z.B. Eisen und Mangan, die im Rheinland ganz natürlich im Grundwasser gelöst vorkommen, in den Trinkwasserwerken herausgefiltert. Das aufbereitete Wasser wird dann an verschiedene Kommunen in der Region geliefert. Im Interesse höchstmöglicher Wasserqualität transportiert RWE Power sowohl das Roh- als auch das Trinkwasser über ein eigenes, vom Sümpfungswassernetz strikt getrenntes Rohrleitungssystem. Damit sich die Bevölkerung jeden Tag auf die Qualität des Lebensmittels Trinkwasser verlassen kann, wurden unsere Anlagen bautechnisch auf den neusten Stand gebracht. Zusätzlich wurden die Arbeitsabläufe bei der Trinkwasserversorgung durch eine externe Prüfstelle, dem DVGW, zertifiziert. Für die Zertifizierung wurde ein Technisches Sicherheitsmanagement eingeführt, das höchste Prozess-Sicherheit gewährleistet. Darüber hinaus kontrolliert das Gesundheitsamt regelmäßig die Zusammensetzung des Trinkwassers.
Einleitung in Vorfluter
Die verbleibenden rund 280 Millionen Kubikmeter Grundwasser werden mangels Verwendung in die so genannte Vorflut, das heißt in Flüsse und Bäche der Region, eingeleitet. Der weitaus größte Teil des Wasserüberschusses – etwa 220 Millionen Kubikmeter aus der Sümpfung der Tagebaue Hambach und Garzweiler – gelangt in die Erft und später in den Rhein. Die Erft nimmt bereits seit Jahrzehnten große Mengen überschüssigen Grundwassers auf und ist eine Art Hauptschlagader der wasserwirtschaftlichen Prozesse im rheinischen Braunkohlenrevier. Führt sie Hochwasser, wird ihr bei Kerpen-Horrem Wasser entnommen und über den Kölner Randkanal bis nach Köln-Worringen und dort in den Rhein weitergeleitet. Weitere 60 Millionen Kubikmeter Überschusswasser, vor allem aus dem Tagebau Inden, gelangen in die weiter westlich gelegenen Flüsse Rur und Inde.
Bei der Einleitung von Grundwasser in die Vorfluter ist sichergestellt, dass das ökologische Gleichgewicht der Flüsse nicht gestört wird. Die Festlegung der Qualitätsparameter wird in den Einleiterlaubnissen niedergeschrieben, deren Einhaltung durch die Aufsichtsbehörden überwacht werden.
Da sich aber durch das Fortschreiten der Tagebaue die Qualität der Grundwässer ändern können, müssen im Einzelfall technische Maßnahmen zur Stützung des Gleichgewichts ergriffen werden. Deshalb wurde im Jahr 2011 eine Sauerstoffanreicherungsanlage an den Erftauen gebaut, die das sauerstoffärmere Grundwasser des Tagebaus Hambach aufwertet.
Was passiert nach dem Ende der Sümpfung?
Tagebaue arbeiten sich durch die Landschaft. Mit ihnen ziehen auch die wasserwirtschaftlichen Einrichtungen der Wasserwirtschaft. Früher oder später ist ein Teilbereich eines Tagebaus ausgekohlt. Wo keine Kohle mehr gefördert wird, ist auch keine Sümpfung mehr notwendig. Brunnen werden stillgelegt, Unterwassermotorpumpen, Standleitungen und Kabel werden entfernt, Rohrleitungen demontiert.
Jetzt können sich die trocken gelegten Grundwasserhorizonte aufs Neue füllen, was natürlich auch für die mitbetroffenen Bereiche außerhalb des Tagebaues gilt. Dieser Prozess setzt in einem regenreichen Gebiet wie der Niederrheinischen Bucht sofort ein, macht sich aber erst nach Jahren bemerkbar. Das ist für Äcker, Wälder und Gärten ohne Bedeutung, weil die Vegetation im Rheinland grundsätzlich vom Niederschlag und nicht vom Grundwasser lebt.
Für Gewässer in der Bergbaufolgelandschaft, wie den Blausteinsee bei Eschweiler, das Peringsmaar bei Bergheim oder die Seen im Naturpark Rheinland bei Brühl, würde die natürliche Regeneration des Grundwassers allein aus dem Niederschlag zu lange dauern. Dort wird sie durch die künstliche Flutung der Seemulden beschleunigt. Auch dazu wird Wasser aus der Sümpfung verwendet. Dieser Vorgang speist in den ersten Jahren vor allem die trocken gelegten Grundwasserhorizonte, lässt aber mit der Zeit auch den Wasserspiegel des Sees ansteigen. Im rheinischen Braunkohlenrevier sind am Ende der heute laufenden Tagebaue um die Mitte des Jahrhunderts drei große Seen geplant. Für die technische Seite – Wasserversorgung und -aufbereitung, Rohrleitungen und Überwachung – wird die Wasserwirtschaft zuständig sein. Auch dort wird sie wie im Alltagsgeschäft ihr ganzes Know-how und ihre große Erfahrung aus übe fünf Jahrzehnten erfolgreicher Arbeit im Wassermanagement einbringen.